01.10.2023

Welche Auswirkungen hat die Luftverschmutzung auf unsere Lebenserwartung?

Die Luftverschmutzung ist eine globale Bedrohung, die katastrophale Folgen für unsere Gesundheit und Lebenserwartung mit sich bringt. Im Oktober 2022 wurde diese Problematik durch den französischen Staatsrat in den Fokus gerückt, als dieser den Staat Frankreich aufgrund seiner Klimauntätigkeit verurteilte. Im Folgenden finden Sie Erklärungen und Tipps, um sich optimal zu schützen.

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Mehr als zwei Jahre. Das ist die durchschnittliche Lebenszeit, die wir durch eine Senkung der Luftverschmutzung durch Feinstaub auf das von der Weltgesundheitsorganisation empfohlene Niveau hinzugewinnen würden. Den traurigen Rekord hält die indische Hauptstadt Neu-Delhi, deren Einwohner ganze zehn Jahre ihrer Lebenserwartung einbüßen. Im Jahr 2020 verursachte die Feinstaubbelastung allein in Europa offiziell 238.000 Todesfälle. Laut Forschern der Harvard University ist die tatsächliche Zahl noch weitaus höher: allein in Frankreich schreiben sie pro Jahr fast 100.000 Todesfälle der Luftverschmutzung zu.

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Luftverschmutzung: eine globale Gefahr

»Die Luftverschmutzung ist in allen Kategorien eine der größten Bedrohungen für die öffentliche Gesundheit«, so Christa Hasenkopf, Leiterin des Luftqualitätsindexes am Institut für Energiepolitik der Universität Chicago (EPIC). »Wenn wir die weltweiten Todesfälle betrachten, steigt die Luftverschmutzung auf die gleiche Gefahrenstufe wie der Tabakkonsum und liegt sogar noch vor dem Alkoholkonsum, unsauberem Wasser (dreimal so viele Todesfälle aufgrund von Luftverschmutzung) und HIV (sechsmal so viele). Darüber hinaus betrifft die Luftverschmutzung fast jeden Menschen auf der Erde, während die anderen zuvor genannten Gefahren – so dramatisch sie auch sind – eine weitaus kleinere Anzahl an Menschen betreffen«, fährt sie fort. 

Diese Tatsache spiegelt sich jedoch mitnichten in den öffentlichen Investitionen wider. Betrachtet man die von Regierungen und internationalen Organisationen geleistete Entwicklungshilfe »erhalten Problematiken wie HIV/Aids 225-mal mehr finanzielle Unterstützung als die Verschmutzung der Außenluft (6,5 Milliarden US-Dollar gegenüber 28,9 Millionen US-Dollar). Diese Summen sind ein Tropfen auf den heißen Stein und werden dem Ausmaß des Problems bei Weitem nicht gerecht.«  Warum aber wird dieses dringende Anliegen durch die verschiedenen Länder der Welt so stark vernachlässigt? Tatsächlich ist die Luftverschmutzung eine zwar alltägliche, aber stille Bedrohung: Nur den wenigsten ist bewusst, dass sie uns im Durchschnitt mehr als zwei Jahre unseres Lebens kostet. Der Terrorismus verkürzt die durchschnittliche Lebenserwartung um neun Tage – ist aber in den Medien weitaus präsenter. »Man könnte meinen, dass zwei Jahre am Ende eines langen Lebens gar keinen großen Unterschied machen. Wichtig ist aber, dass es sich hierbei um einen Durchschnittswert handelt: wir alle laufen Gefahr, viel jünger an tödlichen Leiden zu erkranken.«

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Die spezifische Bedrohung durch Feinstaub

»Ganz allgemein altern wir vorzeitig, sobald wir Luftschadstoffen und insbesondere Feinstaub ausgesetzt sind«, fasst Leila Aïchi in einem Bericht der Untersuchungskommission des französischen Senats zu den wirtschaftlichen Kosten der Luftverschmutzung zusammen. Oxidativer Stress, Atembeschwerden, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und vieles mehr: Unsere Leben sind der Luftverschmutzung durch Feinstaub ausgeliefert. »Die wissenschaftlichen Erkenntnisse zeigen eindeutig, dass es einen direkten und eindeutigen Zusammenhang zwischen der Luftverschmutzung und den Sterbefallzahlen sowie einer Vielzahl verschiedener Krankheiten gibt«, erläutert Christa Hasenkopf. 

Dieses unsichtbare Übel betrifft primär die Bewohner städtischer Gebiete, Anwohner stark befahrener Straßen sowie die Autofahrer selbst. Gasförmige und partikelförmige Schadstoffe dringen in die Atemwege ein, gelangen in den Blutkreislauf und das Lymphsystem, wirken sich auf das Immunsystem aus und schädigen verschiedene Organe. Die Folge: das Risiko für Herzinsuffizienzen und Herzinfarkte, Bronchiolitis und Asthma, Lungenkrebs, Herz-Kreislauf-Schäden (Schlaganfälle), Thrombosen und neurodegenerative Erkrankungen (Parkinson, Alzheimer etc.) steigt erheblich. »Die Luftverschmutzung (sowohl in Innenräumen als auch im Freien) stellt ein signifikantes Umweltrisiko für die Gesundheit der europäischen Bevölkerung dar. Sie ist eine bekannte Ursache für Krebs und insbesondere Lungenkrebs«, bestätigt die Europäische Umweltagentur in einem Bericht vom Juni 2022.

Wie kann man sich informieren und schützen?

In den kommenden Jahren wird die Luftverschmutzung zu einer ernstzunehmenden Herausforderung für die öffentliche Gesundheit. Am 17. Oktober 2022 wurde der französische Staat durch den Staatsrat zu einer Geldstrafe von 20 Millionen Euro verurteilt, weil er die europäischen und französischen Luftqualitätsnormen wiederholt nicht einhalten konnte. Anwohner in städtischen Gebieten und in der Nähe von stark befahrenen Straßen sind den Gefahren der Luftverschmutzung übermäßig ausgesetzt.  Wie aber kann man sich informieren und vor der Luftverschmutzung schützen? Apps, Websites und weitere Ressourcen stellen Informationen rund um das Thema Luftqualität zur Verfügung (darunter Prev’air und Airparif für den Großraum Paris). Für die tägliche Fortbewegung sollten das Fahrrad oder die öffentlichen Verkehrsmittel genutzt werden. Autofahrern stehen bereits technische Lösungen zur Verfügung, um die Partikelemissionen direkt an der Quelle zu reduzieren. Dazu gehören Abgasfilter und Absaugsysteme für Feinstaub, die die durch den Bremsabrieb erzeugten Partikel auffangen. Durch diese und weitere Maßnahmen kann jeder dazu beitragen, die Luftqualität für sich selbst und andere zu verbessern. Sobald die Luftverschmutzung Spitzenwerte erreicht, sollte – wer kann – zu Hause bleiben, ein Luftreinigungsgerät verwenden, auf sportliche Aktivitäten im Freien verzichten und sich, insbesondere während der Hauptverkehrszeiten, von stark befahrenen Straßen fernhalten. Der Verzehr von antioxidativen Lebensmitteln (Brombeeren, Artischocken, Pflaumen, Himbeeren, Erdbeeren etc.) ist ebenfalls empfehlenswert. Wenn alles nicht hilft, bietet sich ein Umzug in bestimmte Regionen Australiens, Neuseelands oder Schottlands an – diese haben Christa Hasenkopf und ihr Team als Gebiete mit der besten Luftqualität identifiziert.

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